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Процессы транссемантизации в ситуации средненижненемецко-древнескандинавского языкового контакта: попытка классификации адаптации древнескандинавских заимствований в средненижненемецком языке

Цапаева Сабина Юрьевна – научный сотрудник секции «Словарь средненижненемецкого языка», кафедра нижненемецкой филологии, университет г. Гамбург, Германия

Статья подготовлена для публикации в сборнике «Актуальные вопросы переводоведения и практики перевода».

Этимологический словарь древнескандинавского языка де Фриза фиксирует более 450 лексических заимствований из средненижненемецкого языка в древнескандинавский язык. Не последнюю роль в данном вопросе, очевидно, сыграли долгосрочные и интенсивные торговые и культурные отношения между Скандинавским полуостровом и городами Ганзейского союза. Несмотря на доминирующую позицию Ганзы в данной ситуации языкового контакта, обусловленную, в первую очередь, экстралингвистическими факторами, заимствования из древнескандинавского языка также прочно вошли в средненижненемецкую лексику, хоть и в значительно меньшем объёме. В настоящей статье представлены первые результаты исследования древнескандинавских заимствований в средненижненемецком языке с позиции лексической контактологии. Акцент делается на результатах процесса транссемантизации, т.е. семантической адаптации, который представляет собой определённый научный интерес, как для германистов, так и для скандинавистов. В качестве методологической базы для настоящего анализа заимствований использована теория адаптации русизмов, развитая сербским лингвистом и славистом Йованом Айдуковичем, и, в частности, его докторская диссертация «Русизмы в современных южнославянских и западнославянских литературных языках согласно квалификаторам в лексикографических источниках». Так, следуя терминологии Й. Айдуковича, предметом данного исследования являются контактологически маркированные семы.

 

 

TRANSSEMANTISIERUNGSPROZESSE IM MITTELNIEDERDEUTSCH-ALTNORDISCHEN SPRACHKONTAKT: EIN KLASSIFIKATIONSVERSUCH DER ALTNORDISCHEN ENTLEHNUNGEN IM MITTELNIEDERDEUTSCHEN

 

Der Wortschatz des Mittelniederdeutschen besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus Entlehnungen aus dem Lateinischen, Altfranzösischen, Altrussischen, aber auch aus dem Altnordischen. Dies verwundert kaum, denn dieses kontaktlinguistische Phänomen betrifft prinzipiell alle Sprachen und alle Sprachstufen. Das Mittelniederdeutsche, das während der Hansezeit einerseits als Lingua franca fungierte, hat andererseits als Gebersprache viele Sprachen im nordeuropäischen Raum bereichert. Im Umkehrschluss hat auch das Mittelniederdeutsche zahlreiche Lexeme entlehnt, die in diesem Beitrag diskutiert werden sollen.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung liegt auf dem mittelniederdeutsch-altnordischen Sprachkontakt, wie es der Titel verrät. Sie soll zu beantworten versuchen, inwiefern die Bedeutung der altnordischen Lexeme im Mittelniederdeutschen verändert wurde. Die theoretische Grundlage bietet dafür die Transfertheorie des serbischen Linguisten Jovan Ajduković [vgl. 1, 2] an, die direkt nach einem kleinen Einblick in die mittelniederdeutsch-altnordische Sprachkontaktsituation kurz vorstellt wird. Im zweiten Teil der Arbeit werden erste Ergebnisse der Analyse der Transsemantisierungsprozesse bei der Adaptation der altnordischen Entlehnungen im Mittelniederdeutschen präsentiert. Als Untersuchungsgrundlage dienen dafür insgesamt vier lexikographische Quellen: die Mittelniederdeutschen Wörterbucher [5, 6], das Altnordische Etymologische Wörterbuch [4] und die elektronische Datenbank des linguokulturellen Thesaurus des Mittelniederdeutschen [3]. Die auf der Basis der genannten Quellen herausgesuchten Kontakteme sollen im Weiteren gewähren, die entsprechenden Entlehnungen zuzuordnen und die Transsemantisierungsprozesse zu erfassen. Die genauere Lokalisierung der Entlehnungen wird in diesem Beitrag nicht berücksichtigt, da dieses Kriterium für den Untersuchungsgegenstand nicht von Belang ist.

 

Das Mittelniederdeutsche hat sich in der Sprachkontaktsituation mit dem Altnordischen etwas anders verhalten, als beispielsweise mit dem Altrussischen, Mittelenglischen, Altfranzösischen und Lateinischen [7]. Hierzu trägt wohl auch die Tatsache bei, dass das Altnordische ebenfalls zu den germanischen Sprachen zählt. Für unsere Zwecke soll das Altnordische als Vorstufe der heutigen skandinavischen Sprachen verstanden werden, also des Isländischen, Dänischen, Norwegischen, Schwedischen und Färöischen. Die mögliche regionalsprachliche Unterteilung ins Altwestnordische (Altisländische, Altfäröische, Altnorwegische) und Altostnordische (Altdänische, Altschwedische) wird in diesem Zusammenhang nicht vorgenommen, wobei eine detaillierte vergleichende Untersuchung regionalspezifischer Aspekte des Festlandskandinavischen und des Inselskandinavischen durchaus möglich wäre.

Sowohl aufgrund der geographischen Nähe, vor allem jedoch aufgrund der intensiven Handels- und Kulturkontakte wurde das Altnordische durch das Mittelniederdeutsche in vielen Bereichen geprägt. In diesem Zusammenhang ist auf das starke kulturelle, aber auch wirtschaftliche Gefälle zwischen Norddeutschland als Vertreter des Kontinentaleuropas und den nördlichen Territorien hinzuweisen. So wurde das Mittelniederdeutsche der Hanse- und Reformationszeit zur Sprache der Oberschicht in den skandinavischen Ländern und es wurden zahlreiche Lexeme in den Bereichen Kirche und Religion, Schule und Bildung, Regierung, Verwaltung und Recht etc. übernommen. De Vries [4] vermerkt in seinem etymologischen Wörterbuch über 450 Lexeme, die aus dem Mittelniederdeutschen entlehnt worden sind.

Es wäre allerdings falsch anzunehmen, dass der mittelniederdeutsch-altnordische Sprachkontakt als eine Art One-way traffic verlaufen ist. Wörter aus dem Altnordischen haben den mittelniederdeutschen Wortschatz genauso bereichert, wenn auch in geringerem Maße. Die genetische und typologische Verwandtschaft, aber auch die engen Verflechtungen auf kulturellem und wirtschaftlichem Niveau haben eine besonders günstige Konstellation für den regen Austausch zwischen den betroffenen Sprachen geschaffen. Die Ergebnisse von solchen Transfers werden im praktischen Teil dieses Beitrags dargestellt. Zunächst folgen einige theoretische Bemerkungen zur Untersuchungsmethode.

Zur Untersuchung von Adaptationen, d.h. Veränderungen der Entlehnungen in der Zielsprache eignet sich m.E. die Transfertheorie von Ajducović, der zwischen den folgenden Adaptationen auf unterschiedlichen Sprachebenen unterscheidet: Transphonemisierung auf der phonologischen Ebene, Transderivation im Bereich der Wortbildung, Transmorphemisierung im Bereich der Adaptation von gebundenen und ungebundenen Morphemen, Transmorphologisierung im Bereich der grammatischen Kategorien, Transsemantisierung auf der lexikalisch-semantischen Ebene und Transsyntaktisierung auf der Ebene der Syntax. Die für diesen Beitrag relevante Transsemantisierung umschreibt drei mögliche Stufen der Adaptation der Wortbedeutung, d.h. Veränderung der Wortbedeutung bei der Lexemübernahme. Bei der Nulltranssemantiseirung wird die ursprüngliche Wortbedeutung erhalten (bspw. dt. Banja < russ. баня), während es bei der partiellen Transsemantisierung teilweise zu einer Bedeutungserweiterung bzw. Bedeutungsverengung kommt (bspw. dt. Stress ‚erhöhte Beanspruchung, Belastung physischer oder psychischer Art‘ < engl. stress ‚Betonung‘, ‚Druck‘ ‚physische Anspannung durch erhöhte Belastung‘). Von einer extremen Bedeutungserweiterung oder Bedeutungsverengung wird bei der freien Transsemantisierung gesprochen (bspw. serb. баћушка ‚Vater, Väterchen; Mann; orthodoxer Pfarrer, Pfaffe‘ < russ. батюшка ‚orthodoxer Pfarrer, Pfaffe‘).

In seinen einführenden Bemerkungen zeigt Ajduković leider keine scharfen Grenzen zwischen einer starken und einer schwächeren Bedeutungsabweichung bei der Adaptation während der Lexemübernahme auf. Zu einer klareren Abgrenzung der partiellen von der freien Transsemantisierung eignet sich eine genaue Untersuchung der Wörterbuchartikel. Hier spielt nicht nur die Reihenfolge der aufgeführten Sememe eine Rolle, sondern auch eine genaue Unterscheidung und Abtrennung von Haupt- und Nebenbedeutungen. Die Nebenbedeutungen (Trennung durch Kommata) liefern in diesem Zusammenhang einen Hinweis, dass es sich wohl um partielle Transsemantisierung handelt, die Unterschiede in den Hauptbedeutungen (Trennung durch Ordinalzahlen) unterstützen eher die These von freier Transsemantisierung. Die Generalisierung und Spezialisierung der Bedeutung(-en) kommen sowohl bei der freien, als auch bei der partiellen Transsemantisierung vor.

Ausschließlich zum Ermitteln von mittelniederdeutschen Entlehnungen aus dem Altnordischen wurde als Tool die Suchmaske der Datenbank des linguokulturellen Thesaurus des Mittelniederdeutschen verwendet (s. Abb.1). Die Datenbank ist nach Kontaktem, Bedeutung, Wortart, Bedeutungsart, Bereich, Gebersprache, Nehmersprache und Quelle sortiert. Für die vorliegende lexikalisch-semantische Analyse sind folgende Felder relevant: ‚Kontaktem‘, ‚Bedeutung‘, ‚Gebersprache‘ (als Eingabeparameter), ‚Nehmersprache‘ (als Eingabeparameter), sowie als zusätzliches Hilfsmittel das Feld ‚Bedeutungsart‘.

Abb. 1. Screenshotausschnitt der DB des linguokulturellen Thesaurus des MND

 

Die Datenbank liefert insgesamt 60 Einträge mit den Suchparametern Altnordisch als Gebersprache und Mittelniederdeutsch als Nehmersprache. Vollständigkeitshalber zu erwähnen ist, dass die meisten Kontakteme der Wortart ‚Substantiv‘ (58) gehören, weitere zwei sind der Wortart ‚Verb‘ zuzuordnen. Die ermittelten Entlehnungen wurden im zweiten Schritt auf ihre lexikalischen Bedeutungen mithilfe von relevanten Wörterbüchern untersucht [4-6].

Bevor ich zur Auswertung der Ergebnisse übergehe, möchte ich einige ausgewählte Beispiele für die jeweiligen Transsemantisierungsgrade anführen. Durch die Nulltranssemantisierung wurde bspw. das Substantiv mnd. windas ‚Rolle zum Winden‘ < anord. vindass ‚Schiffswinde‘ gebildet. Das mnd. Lexem titlink wurde durch Bedeutungsverengung (Spezialisierung) partiell transsemantisiert: mnd. titlink, ‚eine kleine und zarte Gattung von Stockfisch‘ < anord. titlingr ‚Sperling, gedörrter kleiner Dorsch‘, genauso wie bei mnd. mungat, ‚leichtes hausgebrautes Bier‘ < anord. mungat ‚geringe Sorte Bier‘ (Bedeutungsverengung, Spezialisierung). Bei mnd. wik hat sich die Bedeutung hingegen erweitert (teilw. Spezialisierung): mnd. wik ‚1. (See)Bucht; 2. Weichen, Entweichung; Bezeichnung eines Ortes, einer Stadt‘ < anord. vik ‚Bucht‘. Eine bedeutende Bedeutungsverengung im Rahmen der freien Transsemantisierung haben die anord. gildr und logmaðr erfahren: mnd. giltgelt ‚gangbares, gängiges Geld, gültige Scheidemünze’ < anord. gildr ‚trefflich, wertvoll‘; mnd. lochman ‚Dingmann; rechtskundiger Gerichtsbeisitzer‘ < anord. logmaðr ‚Rechtskundiger‘. Frei transsemantisiert und bei der Adaptation signifikant erweitert wurde das anord. spytingr: mnd. sputink ‚Packen, Ballen; Rolle Grobtuch von 60 Ellen‘ < anord. spytingr ‚Rolle Fries von 60 Ellen, weil sie mit einem Pflock zusammengehalten wurde‘.

Das Diagramm in Abbildung 2 zeigt die prozentuale Verteilung der Entlehnungen auf die Transsemantisierungsgrade:

Abb. 2. Prozentuale Verteilung der Entlehnungen

 

Wenn man sich die absoluten Zahlen mit einer weiteren Unterteilung in die Bedeutungserweiterung und Bedeutungsverengung bei der partiellen (PT) bzw. freien (FT) Transsemantisierung genauer anschaut, ergibt sich folgendes Bild (s. Abb. 3). Dabei fällt eine eindeutige Tendenz zur Bedeutungsverengung bei PT und FT auf:

Abb. 3. Absolute Verteilung der Entlehnungen

 

Die absoluten Zahlen der Verteilung von Generalisierungen und Spezialisierungen unterstützen diese These; ein Großteil der Spezialisierungen entfällt dabei auf die Bedeutungsverengungen (s. Abb. 4):

Abb. 4. Absolute Verteilung der Generalisierungen und Spezialisierungen

Insgesamt auffällig ist, dass der Anteil der Nulltranssemantisierungen im Korpus leicht überwiegt (41%). Bezüglich der erfassten Nulltranssemantisierungen kann außerdem festgestellt werden, dass es sich in allen Fällen um Substantive handelt. Die meisten Lexeme kommen wie erwartet aus den Bereichen ‚Handelsgüter und Handelsbeziehungen‘ und ‚Schifffahrt und Seeverkehr‘: mnd. ore < anord. aurriði ‚Lachs‘, mnd. enbere < anord. einir ‚Wacholder‘, mnd. rotgans < anord. hrottgas ‚Ringelgans‘, mnd. klippink < anord. klippingr ‚geschorenes Schaffell‘, mnd. vodmol < anord. vaðmal ‚grobes Wollenzeug; ein bestimmtes Maßzeug, benutzt als Zahlungsmittel ‘, mnd. rekelink < anord. reklingr ‚getrockneter Heilbuttstreifen als Schiffproviant‘, mnd. narval < anord. nahvalr ‚Narwal‘, mnd. ford < anord. fjǫrðr ‚Bucht, Fjord‘, mnd. lom < anord. lomr ‚Meertaucher‘ u.a.m. Viele der ermittelten Bezeichnungen sind landes- bzw. regionsspezifisch und wurden in die Zielsprache offensichtlich als Exotismen ohne lexikalische Veränderungen übernommen.

Die zweitgrößte Gruppe bilden die freien Transsemantisierungen (37%), von denen zwei Drittel über die Bedeutungsverengung und nur ein Drittel über die Bedeutungserweiterung adaptiert worden sind. Besonders auffällig sind in dieser Gruppe die Spezialisierungen im Rahmen der Bedeutungsverengung: mnd. giltgelt ‚gültiges Geld‘ < anord. gildr ‚trefflich, wertvoll‘, mnd. keren ‚i.w.S.: sich wenden, eine Richtung annehmen, umkehren, umwenden‘ < anord. keyra ‚treiben; fahren‘, mnd. staven ‚Landhaus, bäuerliche Landstelle, Grundstück mit Haus und zugehörigem Land‘ < anord. stofa ‚Stube; Haus‘. Hier sind folgende Bereiche vertreten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): ‚Schifffahrt und Seeverkehr‘, ‚Berufe; Personenbezeichnungen‘, seltener ‚Handelsgüter und Handelsbeziehungen‘ u.a. Ein lockerer Umgang mit Entlehnungen aus diesen lexikalisch-semantischen Bereichen kann wohl damit erklärt werden, dass sich die entlehnten Lexeme (u.a. Verben) aufgrund ihrer genetischen und typologischen Ähnlichkeit haben leicht transformieren und anpassen lassen. Außerdem handelt es sich bei den entlehnten Lexemen zum größten Teil nicht um Fachtermini. Es kann daher vermutet werden, dass in diesen Fällen die Bereitschaft, Lexeme im Zuge der Adaptation zu verändern und zu konkretisieren, größer war als in anderen Bereichen.

Obwohl die partiell transsemantisierten Entlehnungen am wenigsten vertreten sind, bilden sie trotzdem einen beträchtlichen Teil des untersuchten Korpus (22%). Hier verhalten sich die Bedeutungserweiterungen und Bedeutungsspezialisierungen ähnlich wie im Bereich der freien Transsemantisierungen, d.h. es überwiegen die Spezialisierungen, bspw. mnd. gripfalk ‚Greif; Fabeltier‘ < anord. geirfalki ‚Jagdfalke‘, mnd. klint ‚Fels, Klippe, steiles Ufer, Abhang‘ < anord. klettr ‚Felsklippe, Hügel‘, mnd. lach ‚Gesetz, Statut, statuarische Festsetzung der Rechte und Pflichten‘ < anord. lǫg ‚Gesetz‘. Der lexikalisch-semantische Schwerpunkt der partiellen Transsemantisierungen liegt auf den Bereichen ‚Regierung, Verwaltung und Recht‘, ‚Haus und Garten‘, ‚Schifffahrt und Seeverkehr‘ und ‚Handelsgüter und Handelsbeziehungen‘: bspw. mnd. schra ‚Statut, Rolle‘ < anord. skra ‚trockenes Fell; Urkunde, Gesetzbuch; Buch‘, mnd. herde ‚Unterabteilung eines Kreises oder Amtes‘ < anord. herað ‚Bezirk, Distrikt‘, mnd. kropelink ‚kleiner Stockfisch‘ < anord. kroppungr ‚kleiner Dorsch‘ etc. Anzumerken bleibt, dass die partiellen Adaptationen altnordischer Lexeme im Mittelniederdeutschen eine deutliche Entwicklung Richtung freie Transsemantierung (und nicht Nulltranssemantisierung) aufweisen. Diese Besonderheit äußerte sich verstärkt bereits bei der Auswertung und Interpretation der kontaktologischen Daten, aber auch ihrer Zuordnung in Abtrennung zu den frei transsemantisierten Entlehnungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich im untersuchten Korpus alle drei Grade der Transsemantisierung bei der Entlehnung altnordischer Lexeme ins Mittelniederdeutsche beobachten ließen. In allen drei Bereichen lag der Schwerpunkt vorwiegend auf den Entlehnungen aus den Bereichen ‚Schifffahrt und Seeverkehr‘ und ‚Handelsgüter und Handelsbeziehungen‘, was sich in Anbetracht der extralinguistischen Faktoren der analysierten Sprachkontaktsituation als kaum überraschend erweist. Die häufiger vertretenen Spezialisierungen verwundern ebenfalls nicht, wenn man sich daran erinnert, dass das Mittelniederdeutsche im mittelniederdeutsch-altnordischen Sprachkontakt eigentlich vorwiegend die Rolle der Gebersprache und nicht der Nehmersprache übernommen hat. Die Vermutung liegt nahe, dass das sonst als Prestigesprache fungierende Mittelniederdeutsche die altnordischen Wörter zwar übernommen, aber gleichzeitig an die norddeutschen Gegebenheiten angepasst und konkretisiert hat.

Selbstverständlich stellt diese Untersuchung nur eine kontaktologische Stichprobe dar. Durch die Erweiterung des Korpus durch andere Sprachkontaktsituationen oder Heranziehung weiterer Sprachebenen könnte die Arbeit zu fundierten Erkenntnissen kommen. Eine feinere regionale Unterscheidung zwischen den Entlehnungen wäre möglich und könnte wichtige Hinweise zum Verlauf des Sprachkontaktes geben. Ein weiterer zu untersuchender Punkt wäre überdies die Ermittlung der Auswahlkriterien für Entlehnungen sowie intra- und extralinguistischer Motivationen für Transsemantisierungsprozesse insgemein.

 

СПИСОК ЛИТЕРАТУРЫ

1. Айдукович, Й. Введение в лексическую контактологию. Теория адаптации русизмов. Белград, 2004.

2. Айдукович, Й. Контактологический словарь адаптации русизмов в восьми славянских языках. Белград, 2004.

3. Цапаева, С.Ю. Разработка базы данных лингвокультурного тезауруса средненижненемецкого языка с позиции современной теории языковых контактов: вып. квал. раб. … маг. прикл. мат. и инф., В. Новгород, 2013. – 142 с.

4. De Vries, J. Altnordisches Etymologisches Wörterbuch. Leiden, 1961.

5. Mittelniederdeutsches Handwörterbuch. Begr. von A. Lasch und C. Borchling. Neumünster, 1928 ff.

6. Schiller, K., Lübben, A. Mittelniederdeutsches Wörterbuch. Bremen, 1877.

7. Squires, C. Die Hanse in Novgorod: Sprachkontakte des Mittelniederdeutschen mit dem Russischen. Mit einer Vergleichsstudie über die Hanse in England. Köln [u.a.] 2009 (= Niederdeutsche Studien 53).